Denkt man an das römische Reich, dann denkt man spontan an die römischen Legionen und ihre Soldaten. Gleich danach kommen sicherlich die Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe. Die Römer haben nicht nur gerne den Rennen und den Kämpfen zugeschaut, sondern hier wurde auch viel Geld verwettet. Überhaupt liebten die Römer jede Art von Spektakel und alle Arten der Zerstreuung, was mit Spaß und Spiel, Wetten und Unterhaltung zusammenhing. Besonders die besser betuchten Römer konnten es sich leisten, neben ihrer Arbeit auch vielfältige Spiele als besonderes Vergnügen in ihrer Freizeit nachzugehen. Da es viele Bilddarstellungen und archäologische Funde gibt, kann man heute noch viel über die Spielgewohnheiten und das Zubehör erfahren.
Die erwachsenen Römer spielten ständig und an jedem Ort. Sie waren besonders süchtig nach dem Würfelspiel und dies ging quer durch alle sozialen Schichten. Am liebsten wurde natürlich um Geld gespielt. Dies war natürlich ein Problem, da manche sprichwörtlich Haus und Hof verspielen konnten. Natürlich griff die kaiserliche Regierung ein und war gezwungen, das Glücksspiel bei strenger Strafe zu verbieten. Nur bei den Fest der Saturnalien zu Ehren des Gottes Saturn, das am 17. Dezember stattfand, waren Glücksspiele noch erlaubt. Dauerten die Saturnalien eigentlich nur einen Tag, wurden die Feierlichkeiten unter Kaiser Caracalla (188 bis 217 n. Chr.) auf fünf Tage verlängert.
Das Verbot bewirkte, dass nun Privat heimlich hinter verschlossenen Türen oder in Hinterzimmern der Tavernen dem Glücksspiel gefrönt wurde. Als Tarnung wurde, falls es zu Kontrollen kam, mit Spielchips statt Münzen gespielt. Selbst die Kaiser, die das Spielverbot erlassen hatten, hielten sich nicht an die Vorgaben für die Bevölkerung. Kaiser Augustus (23.09.63 v. Chr. bis 19.08.14 n. Chr.) spielte eigentlich ständig und Kaiser Claudius (01.08.10 v. Chr. bis 13.10.54 n. Chr.) ließ einen Spezialtisch in seine Kutsche einbauen, die es ihm trotz der Erschütterungen erlaubte, hier zu spielen.
Brettspiele (Ludi Tabulae) mit Spielsteinen
Ob zu Hause oder an öffentlichen Plätzen spielte man bevorzugt an Tischen. Waren diese nicht vorhanden, legte man das Spiel auf den Boden oder man ritzte die gewünschte Form des Spiels an dem Platz ein, an dem man saß. Gerne wurden die Mola (Große Mühle) oder Mola Rotunda (Kreismühle) gespielt.
Aufwändiger waren die Strategiespiele Ludus Militium oder Ludus Latrunculorum mit 16 Steinen. Beim L.M. kann der einzelne Stein ein Feld vorwärts oder rückwärts gezogen werden. Beim L.L. zieht man nur in eine Richtung zum Gegner. Gegnersteine werden beim L.M diagonal geschlagen, während beim Spiel L.L. waagrecht oder senkrecht die Gegnersteine geschlagen werden. Gewonnen hat, wer dem Gegner möglichst viele Steine weggenommen hat, oder der Gegner so eingeschlossen ist, dass er sich nicht bewegen kann. Unentschieden ist, wenn sich Spielersteine noch bewegen lassen, aber keiner der Spieler den gegnerischen Stein erreichen oder schlagen kann.






Würfelspiele (Ludi Aleae)
Die Römer liebten besonders das Spiel mit den Würfeln um Geld und sonstige Sachwerte. Die Würfel bestanden aus Ton, Knochen, Holz, Bernstein, Elfenbein, Bronze und sogar aus Gold. Die Römer benutzten Würfelbecher und bauten auch Würfeltürme, um ein Schummeln auszuschließen. Es gab unter den Spielern natürlich auch Betrüger, die Würfel manipulierten und bei einem besonders wichtigen Wurf vorher die Würfel austauschten. Um das Betrügen vorzubeugen gab es Würfeltürme. Zwei dieser Türme überdauerten die Antike. Ein Fund wurde aus Holz in Ägypten und einer aus Bronze in einer römischen Villa in Vettweiß-Froitzheim gefunden. Innen befanden sich Treppen die nach unten führten. Die Würfel wurden oben in den offenen Turm geworfen, kullerten die Treppen hinab und nach außen. Dann las man die Anzahl der Augen ab. Der beste Wurf mit den meisten Augen wurde wie beim Spielen mit den Astragalen „Venuswurf“ genannt. Das Gegenteil hieß „Canis“, der Hundswurf. Es gab eine Vielzahl an Spielen mit Würfeln. Hier stellen wir vier Spiele vor.
Bei Einauge (Unus Lumen) konnten 5 bis 10 Spieler teilnehmen. Pro vereinbarter Runden (z.B. 10 Runden) würfelten die Spieler nacheinander jeder einmal mit 3 Würfeln. Ziel war es, eine oder mehrere Einsen pro Wurf zu bekommen. Gewonnen hatte, wer nach zehn Spielen die meisten Einsen geworfen hatte. Bei einem Unentschieden gab es einen Stechwurf über Sieg oder Niederlage. Gab es hier kein Ergebnis lautete das Endergebnis Unentschieden.
Bei dem Spiel Eins, Zwei, Drei (Unio, Duo, Tres) spielten 2 bis 5 Spieler jeweils mit 3 Würfeln. Wer als erster mit einem Wurf die Augen eins, zwei und drei würfelte hatte gewonnen.
Beim Venusspiel konnten 4 – 12 Spieler teilnehmen. Vorher wurde ein Geld- oder Sachpreis ausgelobt. Jeder Spieler würfelte mit 3 Würfeln. Man spielte so lange, bis einer als Erster 3 Sechsen warf. Dies war der Venuswurf und er konnte den Preis einstreichen. Dieses Spiel konnte lange dauern.
Der Hund (Canis) für 4 – 10 Spieler. Hier wurden drei Münzen (Sesterzen oder Denare) von jedem Spieler als Einsatz vor sich hingelegt. Gespielt wurde mit 3 Würfeln und jeder musste dreimal hintereinander würfeln. Der Spieler, der 3 Augen (drei Einsen) warf, schied aus und er musste seinen Einsatz, die drei Münzen, in die Mitte legen. Sieger war, wer am Ende keine drei Einsen geworfen hatte und dieser konnte somit die Münzen der ausgeschiedenen Spieler kassieren. Dieses Spiel konnte auch sehr lange dauern.


Spielen mit Sprunggelenkknöchelchen (Astragaloi) von Ziegen und Schafen
In der Antike spielte man mit vier Knöchelchen, die man leicht an ihren ungleichen Seiten erkennen konnte gegenüber den kubischen Würfeln mit ihren sechs Seiten. Wer bei einem Wurf mit den vier Astragalen die Augen 1, 3, 4 und 6 warf hatte beim Spiel gewonnen. Dieses war der höchste Wurf und wurde nach der Göttin Venus benannt. In der Regel wurden 10 Runden gespielt und wer die meisten Punkte warf war der Sieger und konnte den Spieleinsatz der anderen Mitspieler einstreichen.
Kaiser Augustus erfand eine eigene Spielregel. Für jede 1 oder 6 zahlte der Spieler einen Denar in die Spielkasse ein. Wer den Venuswurf schaffte, gewann den Jackpott. Das Fünfsteinspiel wurde in der Regel von Mädchen in der Antike gespielt. Fünf Astragale werden aufwärts geworfen, so dass man beim Wenden der Hand den Wurf auf der Rückseite der Handfläche auffangen konnte. Wenn nicht alle Knöchel dort liegenblieben, wurde versucht, den herabgefallenen Astragal mit den Fingern aufzuheben, ohne die auf dem Handrücken liegenden Knöchel zu verlieren.
Bei einem anderen Spiel warf man die fünf Astragale zu Boden. Dann wurde eine Holzkugel in die Luft geworfen und während die Kugel in der Luft war, musste man einen Astragal vom Boden aufheben. Man warf die Kugel ein weiteres Mal in die Luft, wobei man den ersten Astragal in der Fanghand behielt und versuchte, ein zweites Knöchelchen aufzuheben. Sieger war, der hintereinander alle Astragale mit der Hand aufgehoben und beim Wurf mit der Holzkugel keinen aus der Hand verlor.
Neben den Original-Astragalen aus Knochen kamen auch Materialien wie Holz, Terrakotta, Elfenbein, Blei, Bronze, Silber und sogar Gold als Spielsteine zum Einsatz.



Nuss-Spiele (Ludi Nucum)
Wer kann sich nicht an seine Kindheit erinnern? Hier gab es Tage, in denen man mit seinen Freunden als Geschicklichkeitsspiel Pfennige in einen Blumentopf warf oder an eine Hauswand. Derjenige, der seine Münze in den Topf geworfen hatte, konnte sofort alle Münzen, die daneben gegangen waren, einstreichen. Oder wer am nächsten seine Münze an der Wand platziert hatte, holte ebenfalls am Ende einer Runde seinen Gewinn. Im antiken Rom wurde besonders mit dem Nahrungsmittel Nüsse gespielt. Ob Wal- oder Haselnüsse war egal. Sie kamen in der Natur vor und standen besonders bei Kindern beim Spielen im Freien oder zu Hause an erster Stelle. War man dem Kindesalter entwachsen, war das Nuss-Spiel nicht mehr interessant. Historische Abbildungen und Schriften antiker Historiker beschrieben die Nuss-Spiele. Besonders Gelehrte wie Horaz, Ovid und Platon. Nachstehend werden drei Spiele vorgestellt, die man leicht nachspielen kann.
Kastell (Ludus Castellorum) für 2 bis 4 Spieler. Vor dem Beginn wurde die Anzahl der Spielrunden, z.B. 10, festgelegt. Jeder Spieler erhielt 4 Walnüsse. Mit drei Nüssen legte er ein enges Dreieck. Die vierte Nuss wurde aus einem festgelegten Abstand auf das Dreieck geworfen und musste auf dem Dreieck liegen bleiben. Wer dies schaffte hatte gewonnen.
Nüsse in den Topf (Ludus Orca) für 2 bis 4 Spieler. Jeder Spieler erhielt 5 Walnüsse. In einer festgelegten Entfernung wurde eine Amphore aufgestellt. Von der Wurflinie wurde nacheinander versucht die Nüsse in die Amphore zu werfen. Sieger war derjenige mit den meisten versenkten Nüssen. Dieses Spiel funktionierte auch mit Haselnüssen. Schwieriger war es die Haselnüsse in eine kleinere Amphore zu werfen.
Nuss-Türme (Nuces Castellatae) für zwei und mehr Spieler. In einer festgelegten Entfernung wurden 5 kleine Häufchen aus Walnüssen errichtet. Jedes Häufchen bestand aus 4 Walnüssen. Jeder Spieler erhielt 5 Nüsse und er musste versuchen mit jedem Wurf die Nüsse auseinander zu treiben. Alle Nüsse, die er traf konnte er behalten plus seine eingesetzten 5 Nüsse. Danach wurden die Häufchen wieder ergänzt und der nächste Spieler versuchte sein Glück. Wer nach 5 Runden die meisten Walnüsse hatte zusätzlich zu seinen 5 Nüssen war der Sieger.
Ballspiele (Ludi Pilae) und Lauf und Fangspiele (Ludi Curriculi Captatioisque)

Spielen mit einem Ball gehörte bei den Römern neben der Körperertüchtigung auch für den Wettkampf. Natürlich nutzten die Römer verschiedene Balltypen wie kleine und große Bälle, die mit Federn oder Wolle gefüllt und mit Leder oder Stoff bezogen waren. Spielen mit dem Ball wurde auf Malereien gezeigt oder in der einschlägiger Literatur beschrieben. Besonders bekannt ist das Mosaik in der Villa Romana del Casale auf Sizilien mit zwei jungen Frauen, die sich einen bunten Ball zuwerfen.
Nachdem es nicht Angaben zu den Spielregeln bei den Römern gabt, kann man davon ausgehen, dass es in unserer Zeit ähnliche Ballspiele gibt.
Besonders bekannt war der Faustball (Follis Pugilatorius), der bereits im 3. Jahrhundert vor Chr. mit jeweils 5 bis 20 Spielern und einem Schiedsrichter pro Mannschaft ähnlich wie Volleyball gespielt wurde. Das römische Faustballschlagen war ein Nationalsport der Römer, der auch noch im dritten Jahrhundert n. Chr. zur leiblichen Erziehung eines römischen Bürgersohnes gehörte.
Ein weiteres bekanntes Spiel war der Brennball (Harpastum). Die Spieler stellten sich in einem Kreis auf, in dessen Mitte sich der Fänger befand. Diese warfen sich den Ball zu bzw. versuchten den Fänger abzuwerfen. Wurde er getroffen schied er aus. Fing dieser den Ball wurde er ausgetauscht und das Spiel begann von vorn.
Weitere Spiele waren das Ballschleudern (Iactus Pilae), das römische Ballfangen (Episkuros), Römisches Hockey (Keretizon), oder das römisches Boccia mit zwei Mannschaften; jeder Spieler hatte zwei Bälle und und es gab noch einen kleinen Ball. Gewonnen hatte die Mannschaft, die am Ende des Spiels mit ihren Bällen dem kleinen Ball am nächsten kamen. (Kaiser Augustus frönte ebenfalls diesem Spiel. Hier wurde mit Kugeln aus Olivenholz gespielt).
Fotos folgen
Es gibt Literatur und Spielanleitungen zu den Spielen der Römer wie z.B. das Buch „Römische Spiele“ vom Regionalia Verlag mit vielen Spielbeschreibungen. Am einfachsten ist es im Internet den entsprechenden Suchbegriff zu den einzelnen römischen Spielen einzugeben. Hier gibt es viele Beispiele. Viel Spaß beim Spielen wünscht Klaus Peter Horack