Vor ca. 1600 Jahren waren römische Patrouillenboote auf dem Rhein und auf der Donau im Einsatz. Die Römer nutzen die Flüsse als wichtige Handelsstraßen, später auch, um sie als Grenzen zu den Barbaren zu sichern. Nach dem Fall des Limes wurden sie als „Nasser Limes“ bezeichnet. Mit den schnellen Schiffen waren die spätrömischen Truppen in der Lage, heimkehrende germanische Plünderer beim Überqueren der Grenzströme abzufangen. Diese überquerten laut Ammianus Marcellinus auf Flößen die Flüsse Rhein und Donau. Ammianus Marcellinus war neben Prokopius von Caesarea der bedeutendste spätantike Geschichtsschreiber. Ammianus diente unter den Kaisern Constantius II und Julian (Apostata) als Soldat und erlebte viele der von ihm geschilderten Erlebnisse selbst. Seine Res Gestae ist das letzte lateinisch geschriebene Geschichtswerk der Antike, das zu großen Teilen überliefert ist.
Mit der Einrichtung des Dekumatlandes im späten 1. Jahrhundert als vorgeschobenen Teil der Provinzen Germania superior und Raetia waren Verbindungswege entlang des Rheins vorhanden. Als Dekumatland wird das Gebiet jenseits, also östlich bzw. nördlich von Rhein und Donau bezeichnet. Für fast 150 Jahre hatte diese Situation Bestand. Mit der Auftreten der Alamannen in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts änderte sich die Situation am Limes grundlegend. Nachdem das römische Reich durch ununterbrochene Bürgerkriege militärisch geschwächt war, gelang es diesem Großverband hinter dem Limes in Teilen des Dekumatlandes Fuß zu fassen. Um 260 n. Chr. verzichteten die rivalisierenden Kaiser Gallienus und Postumus auf eine weitere Instandhaltung des Limes, der bis dahin beide Reichsteile Germania superior und Raetia durchlief und als sichtbare Grenze seinen Sinn verloren hatte. Das Dekumatland als solches wurde aufgegeben. Ab diesem Zeitpunkt erhielten Rhein und Donau ihre schrittweise Bedeutung als nasser Limes zurück.
Während die Standorte des Obergermanisch-Raetischen Limes nach und nach geräumt oder gewaltsam zerstört wurden, konnten die alten Grenzlinien an den beiden großen Flüssen nicht ausreichend schnell ausgebaut werden. Schuld war der regelmäßige Abzug großer Truppenteile von den nördlichen Grenzen für die ständigen Kämpfe der Römer mit den Sassaniden im Osten. Oft kehrten die eingesetzten Verbände nicht mehr an ihre angestammten Stationierungsorte zurück. Der Rhein und die Donau verloren somit zunehmend an Verteidigungskraft, so dass germanische Unternehmungen auf der Suche nach reicher Beute immer öfter, weitgehend ungehindert, bis an die Grenzflüsse vorstießen bzw. diese überwanden. Daraufhin folgten Einfälle in die Nordwestprovinzen bis nach Spanien und Italien. Die Germanen wollten teilhaben am Wohlstand der römischen Welt, wenn auch mit Gewalt. Begehrte Ziele waren vor allem die landwirtschaftlichen Großgüter, die villae rusticae. Diese waren leichte Ziele und man musste nicht mit militärischen Wiederstand rechnen. Begehrt waren u.a. Werkzeug, Vieh, Lebensmittelvorräte, aber auch Hauswaren, Schmuck und Menschen, die handwerkliche Fähigkeiten besaßen. Nach ihren Raubzügen zurück zu den Flussgrenzen galt es das sperrige und schwere Raubgut überzusetzen. Neben mobilen römischen Einheiten, die die Flussgrenzen kontrollierten kam immer stärker der Einsatz schneller Flussschiffe zum Einsatz, um heimkehrende Plünderer abfangen.
Neben dem Einsatz als Patrouillienboote dienten diese Schiffe auch dem Transport von Truppen. Besonders anschaulich wird dies von Ammianus Marcellinus geschildert, der den Kaiser Flavius Claudius Iulianus, auch später Julian Apostata genannt, 331 n. Chr. auf seinem Weg auf der Donau begleitete. Das Feldheer hatte ihn im März 360 unter Tumulten zum gleichrangigen Augustus neben Constantius II. erhoben. Ein Bürgerkrieg war unausweichlich und 361 n. Chr. schifften sich unter seinem Befehl 3.000 Soldaten auf vermutlich mehr als 100 vor Anker liegende, schlanke Ruderboote in der Nähe von Ulm ein. So berichtet später vom griechischen Historiker Zosimos. Um seinen in Bürgerkriegen erfahrenen Gegner Constantius II. vor vollendete Tatsachen zu stellen, wählte Julian diesen Vorstoß mit einer Flotte auf der Donau. Aussicht auf Erfolg bestand darin, seinen Gegner und seine zahlenmäßigen Streitkräfte zu überrumpeln. Deshalb war die Donau die beste Möglichkeit als Vormarschstraße. Zum Bürgerkrieg kam es nicht, da Constantius II. 361 in Kilikien, geschwächt vom Fieber und den Strapazen der vergangenen Kriegsjahre gegen die Sassaniden, überraschend verstarb. Julian wurde Herrscher des Gesamtreichs und führte einen Feldzug 363 gegen Persien. Nach der Schlacht von Maranga am Tigris wurde er vier Tage später am 26. Juni tödlich verwundet. Mit seinem Tod endete die konstantinische Dynastie.
Die Boote
Die Besatzung, Taktik und Bewaffnungen. Fotos und Textauszüge mit Genehmigung von (c) Marcus Altmann
Rekonstruktion einer Lusoria/Fotos (c) Marcus Altmann
Weiter Text folgt.
Literaturhinweise:
Exploratio Danubiae – Ein rekonstruiertes spätantikes Flusskriegsschiff auf den Spuren Kaiser Julian Apostatas – (Mit DVD) Verlag Frank & Timme – ISBN 978-3-86596-227-0
Lusoria Rhenana – Neue Forschungen zu einem spätantiken Schiffstyp – Verlag Koehlers Hamburg – ISBN 978-3-7822-1268-7
