Vor ca. 1600 Jahren waren römische Patrouillenboote auf dem Rhein und auf der Donau im Einsatz. Die Römer nutzen die Flüsse als wichtige Handelsstraßen, später auch, um sie als Grenzen zu den Barbaren zu sichern. Nach dem Fall des Limes wurden sie als „Nasser Limes“ bezeichnet. Mit den schnellen Schiffen waren die spätrömischen Truppen in der Lage, heimkehrende germanische Plünderer beim Überqueren der Grenzströme abzufangen. Diese überquerten laut Ammianus Marcellinus auf Flößen die Flüsse Rhein und Donau. Ammianus Marcellinus war neben Prokopius von Caesarea der bedeutendste spätantike Geschichtsschreiber. Ammianus diente unter den Kaisern Constantius II und Julian (Apostata) als Soldat und erlebte viele der von ihm geschilderten Erlebnisse selbst. Seine Res Gestae ist das letzte lateinisch geschriebene Geschichtswerk der Antike, das zu großen Teilen überliefert ist.


Mit der Einrichtung des Dekumatlandes im späten 1. Jahrhundert als vorgeschobenen Teil der Provinzen Germania superior und Raetia waren Verbindungswege entlang des Rheins vorhanden. Als Dekumatland wird das Gebiet jenseits, also östlich bzw. nördlich von Rhein und Donau bezeichnet. Für fast 150 Jahre hatte diese Situation Bestand. Im Jahr 233 n. Chr. überrannten die Alemannen den obergermanischen Limes auf breiter Front und fügten der Verteidigungslinie schwerste Schäden zu. Somit änderte sich mit dem Auftreten der Alamannen in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts die Situation am Limes grundlegend. 259/260 durchbrachen Germanenheere den obergermanisch-rätischen Limes und zogen raubend und zerstörend bis weit in das Reich. Daraufhin verzichteten die rivalisierenden Kaiser Gallienus und Postumus auf eine weitere Instandhaltung des Limes, der bis dahin beide Reichsteile Germania superior und Raetia durchlief und als sichtbare Grenze seinen Sinn verloren hatte. Das Dekumatland als solches wurde aufgegeben. Ab diesem Zeitpunkt erhielten Rhein und Donau ihre schrittweise Bedeutung als nasser Limes zurück.
Während die Standorte des Obergermanisch-Raetischen Limes nach und nach geräumt oder gewaltsam zerstört wurden, konnten die alten Grenzlinien an den beiden großen Flüssen nicht ausreichend schnell ausgebaut werden. Schuld war der regelmäßige Abzug großer Truppenteile von den nördlichen Grenzen für die ständigen Kämpfe der Römer mit den Sassaniden im Osten. Oft kehrten die eingesetzten Verbände nicht mehr an ihre angestammten Stationierungsorte zurück. Der Rhein und die Donau verloren somit zunehmend an Verteidigungskraft, so dass germanische Unternehmungen auf der Suche nach reicher Beute immer öfter, weitgehend ungehindert, bis an die Grenzflüsse vorstießen bzw. diese überwanden und nach Gallien und Rätien zogen. Weitere Einfälle folgten später in die Nordwestprovinzen bis nach Spanien und Italien, so dass die Römer gezwungen waren Truppen aus den Limeslagern abzuziehen, um die Eindringlinge zu verfolgen. Die Germanen wollten teilhaben am Wohlstand der römischen Welt, wenn auch mit Gewalt. Begehrte Ziele waren vor allem die landwirtschaftlichen Großgüter, die villae rusticae. Diese waren leichte Ziele und man musste nicht mit militärischen Wiederstand rechnen. Begehrt waren u.a. Werkzeug, Vieh, Lebensmittelvorräte, aber auch Hauswaren, Schmuck und Menschen, die handwerkliche Fähigkeiten besaßen. Nach ihren Raubzügen zurück zu den Flussgrenzen galt es das sperrige und schwere Raubgut überzusetzen. Neben mobilen römischen Einheiten, die die Flussgrenzen kontrollierten kam immer stärker der Einsatz schneller Flussschiffe zum Einsatz, um heimkehrende Plünderer abfangen.
Neben dem Einsatz als Patrouillienboote dienten diese Schiffe auch dem Transport von Truppen. Besonders anschaulich wird dies von Ammianus Marcellinus geschildert, der den Kaiser Flavius Claudius Iulianus, auch später Julian Apostata genannt, 361 n. Chr. auf seinem Weg auf der Donau begleitete. Das Feldheer hatte ihn im März 360 unter Tumulten zum gleichrangigen Augustus neben Constantius II. erhoben. Ein Bürgerkrieg war unausweichlich und 361 n. Chr. schifften sich unter seinem Befehl 3.000 Soldaten auf vermutlich mehr als 100 vor Anker liegende, schlanke Ruderboote in der Nähe von Ulm ein. So berichtet später der griechischen Historiker Zosimos, dass Julian mit 3.000 Mann zu Wasser innerhalb von 11 Tagen 1.100 Kilometer durch andauerndes Rudern und mit Hilfe etesischer Winde zusammen mit der Strömung in die Nähe von Sirmium brachte. Offenbar konnten die Lusorien also dazu verwendet werden, größere Truppenkontingente innerhalb kurzer Zeitspannen zu verlegen. Um seinen in Bürgerkriegen erfahrenen Gegner Constantius II. vor vollendete Tatsachen zu stellen, wählte Julian diesen Vorstoß mit einer Flotte auf der Donau. Aussicht auf Erfolg bestand darin, seinen Gegner und seine zahlenmäßigen Streitkräfte zu überrumpeln. Deshalb war die Donau die beste Möglichkeit als Vormarschstraße. Zum Bürgerkrieg kam es nicht, da Constantius II. 361 in Kilikien, geschwächt vom Fieber und den Strapazen der vergangenen Kriegsjahre gegen die Sassaniden, überraschend verstarb. Julian wurde Herrscher des Gesamtreichs und führte einen Feldzug 363 gegen Persien. Nach der Schlacht von Maranga am Tigris wurde er vier Tage später am 26. Juni tödlich verwundet. Mit seinem Tod endete die konstantinische Dynastie.
Die Boote
Navis Lusoria – Länge bis 21,7 m, Breite etwa 2,8 m, Höhe Bordwand 96 cm. Ca. 30 Soldaten und Ruderer, mit Besegelung.
Einsatz: schnelle, militärische Patrouillenboote auf Rhein und Donau, geeignet auch für flache, seichte und unübersichtliche Bereiche in Ufernähe.
Navis Actuaria: schnelles gerudertes Transportschiff der Marine, Länge ca. 21 m, Breite 6,5 m, Tiefgang 80 – 90 cm. 30 mit bis zu 50 Ruderer auf größeren Schiffen Mit Besegelung.
Einsatz: Transportschiff der römischen Marine für Nachschub, auch für den Transport von Pferden und Soldaten eingesetzt. Nicht bewaffnet
Einsatz und Bewaffnungen
Vorrangige Einsätze der Lusorien und anderer spätantiken Flussschiffe dürften die regulären Patrouillenfahrten gewesen sein. Man kann davon ausgehen, dass ein bis zwei Lusorien auf Patrouillenfahrt gingen und im Fall einer Bedrohung der Stromgrenze Verstärkung angefordert wurde. Ein Kaisergesetz von 412 n. Chr. sieht für den letzten 680 km langen Donauabschnitt 225 Lusorien vor, was bedeutet, dass auf jedes Boot rechnerisch etwa drei Stromkilometer zugekommen wären. Der Erfolg der Boote lag sicherlich in einer ununterbrochenen, ohne Pausen erfolgten Präsenz. Bei schweren Abwehrsituationen kann man vom Zusammenziehen massiver Kräfte ausgehen. In diesen Situationen scheuten die Kommandanten sicherlich nicht den direkten Feindkontakt. Im akuten Notfall war unter Umständen ein einzelnes Boot nicht in der Lage größere feindliche Gruppierungen abzuwehren. Bis zur Heranführung von Verstärkungen wird die römische Führung bewusst auf die technische Überlegenheit der eigenen Besatzungen gesetzt haben, die nicht zuletzt den Fernwaffen geschuldet ist. Es ist davon auszugehen, dass in derartigen Situationen versucht wurde, den Gegner mit Fernwaffen am Übertreten der natürlichen Barriere zu hindern, zumindest aber die Invasion zu verlangsamen. Hier scheinen mehrere Waffensysteme sinnvoll.
Im Lauf der römischen Geschichte wurde die Ausrüstung des Militärs immer zügig den realen Gegebenheiten und Kausalitäten angepasst. So gehörte schon bald der römische Legionär mit lorica segementata (Plattenpanzerung) oder lorica hamata, (Kettenhemd) scutum (Rechteckschild), pilum (Wurflanze), gladius (Kurzschwert, pugio (Militärdolch) und einem Helm der Weisenauer Bauart bei einigen Einheiten der Vergangenheit an. Neue Waffen wurden eingeführt und auch die Kampfstrategien änderten sich.
Ein radikaler Wandel in der Ausstattung der Soldaten vollzog sich an der Wende zum 4. Jahrhundert. Hier gewannen östliche Kulturen an Einfluss, sodass sich bei der Machart der Helme ein deutlicher Produktionswandel vollzog. Der Kopfschutz wurde nicht mehr ab dem späten 3. bzw. frühen 4. Jh. aus einem einzigen Eisenteil getrieben. Vielmehr etablierten sich drei mehrteilige Helmtypen: Spangen- und Bandhelme, sowie Intercisahelme und Deurne-Berkasovohelme. Es kann ausgegangen werden, dass die leichten Intercisahelme durch das Aufgabenfeld für den maritimen Einsatz verwendet wurden. Ferner nahm im 4. Jh. die Vielfalt an Waffensystemen zu. So wurden aus dem germanischen Kulturkreis Schlagwaffen wie Keulen und Äxte übernommen. Verwendung fand auch die Franziska (Wurfaxt). Selbst der Einsatz des Sax (germanisches Kurzschwert) ist denkbar. Ovalschilde ersetzten den Rechteckschild, Ferner verfügten die Soldaten über ein breites Arsenal an Fernkampfwaffen wie plumbata (Bleiwurfgeschoss), spiculum und veruta (Wurfspeer), manuballista (tragbares Torisionsgeschütz) und Komposit- bzw. Langbogen.



Neben den Einsatz von Fernkampfwaffen beim Anlandemanöver der Marinesoldaten sind zusätzliche Nahkampfwaffen der konventionellen Infanterie nötig. Die Stoßlanze der Spätantike, die lancea, konnte sich bei Gefechten mit anlandenden Einbäumen als nützlich erweisen, besonders wenn die Masse der Gegner durch Fernwaffen nicht mehr zu bewältigen war. Begünstigt wird dies durch den relativ sicheren und festen Stand auf den Patrouillenbooten.



Die spatha (Langschwert) war bereits seit dem 3. Jh. Standardwaffe des römischen Militärs. Ihr kam auch auf den Booten eine wichtige Rolle zu. Der Vorteil dieser Hieb- und Stichwaffe war, dass sich vom Benutzer die Feinde besser auf Distanz halten ließen. Dieser Trumpf konnte besonders durch den erhöhten Stand, auch an Bord von Binnenschiffen, ausgespielt werden. Daneben fanden im Bug und Heck der Schiffe sicherlich Bogenschützen Raum, um mit Lang- und Kompositbögen möglichweise ein noch weitreichenderes Torsionsgeschütz wie die arcuballista (Römische Armbrust) oder gastraphetes (Armbrustähnliche Waffe, auch Bauchspanner genannt) zu unterstützen.


Durchaus denkbar ist auch die Anwendung primitiver Schlagwaffen, beispielsweise in Form von Keulen, spricht doch der erhöhte Stand des römischen Verteidigers an Bord im Gegensatz zum Angreifer für den Einsatz. Geradezu verheerend muss der Einsatz schwerer Keulen angesichts ihrer größeren Fläche auf die Köpfe feindlicher Schwimmer gewirkt haben. Ungeklärt ist, ob die Marineinfanteristen über Helme verfügten. Allerdings würde die mögliche Exponiertheit des Kopfes während der Fahrt den Einsatz rechtfertigen, da weder Oval- noch Rundschilde dieses Körperteil angemessen schützen konnten. Hierzu kommt, dass die Lusorien unter der Bank/Sitzbrett durchaus den Raum gewährten, die Helme zeitweise abzulegen. Die Zusammenstellung der Bekleidung dürfte sich kaum von den an Land stationierten Infanteristen unterschieden haben. So wurden Gamaschen, Zwiebelknopffibeln und breite Militärgürtel germanischen Vorbilds verwendet.

In derselben Tradition dürfte sich auch das Schuhwerk des 4. Jh. verändert haben. Da man zu dieser Zeit selbst bei den Landtruppen kaum Unterschiede zum zivilen Schuhwerk feststellen kann, muss dieser Trend sich auch aus pragmatischen Gründen ebenfalls etabliert haben, obwohl auf den Schiffen auf genagelte Sohlen verzichtet wurde. Ledersohlen garantieren auf den Planken besseren Halt als benageltes Schuhwerk. Vengetius beschreibt noch eine blaue Färbung der Segel. Wobei man davon ausgehen kann, dass auch die Soldaten blaue Tuniken trugen, was bei nächtlichen Schleichfahren laut Ammianus plausibel zu deuten ist. Textauszüge aus dem Vortrag von Marcus Altmann mit dem Titel „Einheiten auf den Naves Lusoriae“
Literaturhinweise
Exploratio Danubiae – Ein rekonstruiertes spätantikes Flusskriegsschiff auf den Spuren Kaiser Julian Apostatas – (Mit DVD) Verlag Frank & Timme – ISBN 978-3-86596-227-0
Lusoria Rhenana – Neue Forschungen zu einem spätantiken Schiffstyp – Verlag Koehlers Hamburg – ISBN 978-3-7822-1268-7
