Der Mithraskult

Foto (c) Klaus Peter Horack

Der Ursprung des Kultes für diesen Gott liegt im iranisch-persischen Raum. Mithras ist eine Lichtgottheit, die auf einem von vier Schimmeln gezogenen Wagen über den Himmel fährt. Bei den persischen Herrschern wurde Mithras als Verkörperung der Gerechtigkeit, der Tapferkeit und des Edelmutes zum Leitbild des Königtums und der Soldaten und in dieser Funktion auch als Mittler zwischen König und Heer. Ab dem 4. Jahrhundert vor Chr. lassen sich Ansätze einer Hellenisierung der Mithras-Religion in Kleinasien feststellen. Mithras wird dem dort verehrten Sonnengott Apoll bzw. Helios angenähert. Mithras wird mehr zu einer kosmischen Gottheit, die gemeinsam mit dem Sonnengott Helios, oder als mit ihm identische Gottheit, im Kreise der damals bekannten sieben Planeten herrscht.

Innenraum eines Mithräums mit dem Kultbild an der Stirnseite. Quelle: Museum Quintana-Künzing

Im ersten vorchristlichen bis ersten Jahrhundert n. Chr. wurden zahlreiche Bewohner und Sklaven aus den gerade unterworfenen vorderasiatischen Gebieten, also den Gebieten, die das Kernland der Mithras-Verehrung darstellen, nach Westen verbracht. Kaufleute und Händler, sowie römische Soldaten, die in allen Teilen des Reiches stationiert waren, also auch in den asiatischen Grenzgebieten und öfters die Standorte wechselten, bewirkten ebenso eine schnelle Ausbreitung. Mithräen, die unterirdischen Heiligtümer des Mithraskultes hat man besonders in Germanien, Britannien, entlang der Donau und Gallien gefunden, also vorwiegend in den Grenzregionen des Römischen Reiches.

Mischkrug aus dem Mithräum von Mühltal, Material Terra Sigillata mit Barbotinauflage. Hergestellt in den Töpfereien von Pons Aeni mit Inschrift des Herstellers und Stifters: DEO INVICTO MITRAE MARTINUS/ Foto (c) Josef Lachauer

Die schnelle Ausbreitung und das damit verbundene Anwachsen brachte dem Mithraskult eine erzwungene Akzeptanz seitens des römischen Staates. Aber erst Kaiser Commodus unterstützte den Mithraskult. Er war der erste von vielen Kaisern, die sich in die Mysterien des Mithraskultes einweisen ließen. Der Mysterienkult übte einen besonderen Reiz aus auf die Imperatoren. Sahen sie sich selbst strahlend wie die Sonne, die den Menschen Wohlergehen bringt und dazu Unbesiegbarkeit verspricht. Die Blütezeit des Mithraskultes liegt im zweiten und dritten Jahrhundert n.Chr. In dieser Zeit hatte er eben so viele Anhänger wie das Christentum.

Seit dem dritten Jahrhundert n. Chr., also zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mithraskult offizieller Kult der römischen Kaiser geworden war, finden sich zahlreiche Inschriften. Diese belegen, wie wichtig dieser Gott für die Kaiser geworden war. So lebte im kaiserlichen Palast ein Sacerdos invicti Mithrae domus Augustanae, ein Hofgeistlicher für den Kaiser. Als sich die Kaiser Galerius, Maximian und Diocletian 308 n. Chr. in Carnuntum trafen, um die Tetrarchie wiederherzustellen, erneuerten sie zu diesem Anlass das dort befindliche Mithräum und stifteten folgende Inschrift: D(eo) S(oli) I(victi) M(ithrae) fautori imperii sui lovii et Herculii Religiosissimi Augusti et Caesares Sacrarium restituerunt. „Augustus und die Cäsaren stellten das Heiligtum dem Gott der unbesiegbaren Sonne, Mithras, dem Unterstützer seines Reiches, Jupiter und Hercules, wieder her.“ Vor allem die Soldaten, unter denen die Mithras-Verehrung ihre Hochblüte erlebte, sahen in Mithras ihren besonderen Beschützer. Sie fühlten sich als Streiter des Mithras im Kampf des Guten gegen das Böse.

Kaiser Gallienus, dargestellt mit einer Strahlenkrone, (c) Klaus Peter Horack

In der Folgezeit wurde mit dem Verlust einiger Provinzen der Glaube an die Unbesiegbarkeit des Mithras gemindert und einen besonderen Rückschlag erlitt der Glaube an ihn durch den Sieg Konstantins über das Heer des Licinius, das unter dem Banner des mithrischen Sonnenkreuzes kämpfte. Ein letztes Aufflammen des Mithraskultes gab es unter Kaiser Julian Apostata, der sich offen zum Mithraskult bekannte. Unter Kaiser Theodosius war der Mithraskult endgültig dem Untergang geweiht, da das Christentum endgültig zur Staatsreligion erhoben wurde.

Wer war Mithras oder Sol Invictus

Mithras wird als Verkörperung des Lichts, d.h. aus dem Himmel, aus einem Felsen in die Dunkelheit hinein geboren. Geburt des Mithras, des Lichts, des Sonnengottes, wurde deshalb am 25. Dezember, zur Wintersonnenwende gefeiert. Nach seiner Geburt begibt er sich auf die Suche nach dem Bösen. Dieses findet er in dem Urstier. Nachdem er diesen besiegt hat sperrt er den Stier in eine Höhle ein und begibt sich erneut auf die Suche nach jemanden, mit dem er seine Kräfte messen kann. Er stößt auf den Sonnengott Helios/Sol, besiegt diesen und wird daraufhin von ihm mit der Strahlenkrone bekränzt. Ein schwieriges Problem stellt das Verhältnis zwischen den beiden Sonnengöttern Mithras und Sol dar. Jedenfalls ist deutlich, dass Sol der zuständige Lichtgott bleibt, der in seiner Machtvollkommenheit täglich sein Viergespann besteigt. Inzwischen entwischt der Stier aus der Höhle. Helios/Sol bemerkt dies, schickt einen Raben zu Mithras und lässt verkünden, dass Mithras den Stier töten soll. Mithras packt den Stier und stößt ihm das Messer in die Flanke. Als Wunder kann nun angesehen werden, dass alle nützlichen Pflanzen aus dem Leib des Stieres hervorgehen, aus dem Schwanz des Stieres werden Ähren und aus seinem Blut wird Wein. Der Samen des Stieres bringt verschiedene Nutztiere hervor. Allerdings versuchen Kreaturen wie Skorpion und Schlange etwas von dem Samen und dem Blut aufzufangen. Diese Wesen stellen das verbliebene Böse in der Welt dar.

Mithras tötet den Stier. Links daneben der Fackelträger Cautes und rechts der Fackelträger Cautopates, die Himmelswächter. /Foto und Zeichnung (c) Josef Lachauer

Der Fackelträger Cautopates, Rest von einem Mithrastempel in Xanten, dem römischen Colonia Ulpia Traiana. Foto (c) Klaus Peter Horack

Der Mithraskult war ein reiner Männerkult. Frauen konnte nicht aufgenommen werden.

Es gibt eine Aufnahmezeremonie. Vorher bekommt der Initiant/Myste Unterricht in der mithischen Lehre. Erst danach kann die Taufe vollzogen werden, die nach einiger Zeit durch eine Art Konfirmation bekräftigt wird. Nach der Initation konnte man sieben Weihestufen durchlaufen. Die Mythrasmysterien besaßen ein System von sieben Stufen, den Weihegraden, die den sieben Planentensphären Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Mond, Sonne und Saturn entsprachen. Also eine Art Sternenreligion, eine Kosmologie. Merkur war der Rabe, Venus die mystische Braut, Mars der Soldat, Jupiter der Löwe, Mond der Perser, Sonne der Sonnenläufer und Saturn der Vater. Dazu gab es die entsprechenden Symbole. Beispiel für Sol/Sonne war die Strahlenkrone, die Fackel und die Peitsche. Der Myste trat bei seiner Einweihung jeweils eine Seelen- und Himmelsreise an, bei denen er die „Himmelsleiter“ eine Stufe nach oben stieg. Brot und Wein bildeten im Mithras-Kult einen zentralen Bestandteil der Kulthandlung, zu der sich die Mysten regelmäßig in ihren Heiligtümern versammelten.

Das kultische Mahl Foto (c) Klaus Peter Horack

Mithras und Sol feiern eine gemeinsame Mahlzeit vor ihrer gemeinsamen Himmelsfahrt zum Abschied von Mithras Erdenwandel und stärken sich mit dem Fleisch und Blut des Stieres. Ihre Liegebank ist mit dem Fell des wunderbaren Tieres bedeckt. Jetzt, da Mithras seine größten Heldentaten zum Wohle des Menschengeschlechts glücklich vollbracht hat, kann er mit Sol das Trinkhorn heben. Seine Gläubigen werden im Heiligtum dem göttlichen Beispiel folgen und an Stelle von Fleisch und Blut mit Brot und Wein das Mahl genießen. Ebenso wie der Genuss des Nektars/Weines, ist die Teilnahme an dieser Mahlzeit eine Gewähr für den Aufstieg zum ewigen Licht. Dort oben im Reich des Sol wird man frei von körperlicher Last und kann die ewige Mahlzeit genießen. Aufgrund der Rolle von Wasser und Wein finden sich häufig Mischkrüge, sogenannte Kratere.

Als archäologische Sensation stellt das von der damaligen Prähistorischen, heute Archäologische Staatssammlung München in den Jahren 1978 – 1980 ergrabene Mithrasheiligtum in Mühltal bei Rosenheim dar.

Modell des Mithräums am Inn Foto (c) Josef Lachauer

Um 400 n. Chr. waren die meisten Mithräen zerstört. Nördlich der Alpen, an der rätisch-norischen Grenzstation und der Innbrücke, heute nördlich von Rosenheim gelegen, existierte zu diesem Zeitpunkt eines der wenigen noch bestehenden Mithräen. Es war vermutlich von Beamten des illyrischen Zolls in der norischen Siedlung AD ENUM gegründet worden. Die Reihe der Fundmünzen endet mit Prägungen kurz um 400 n.Chr., also bereits einige Jahre nach dem offiziellen Verbot der heidnischen Kulte unter Kaiser Theodosius im Jahr 392 n. Chr. Das dürfte die internationale Bedeutung des 1978 entdeckten Mithräum-Heiligtums im Mühltal noch zusätzlich unterstreichen.